Was haben Turmfalken mit Kolibris gemeinsam? Genau, beide können auf derselben Stelle in der Luft „verharren“! Dabei richtet der Turmfalke seinen Oberkörper auf, spreizt die Flügel und fächert den Schwanz, um seinen Flug zu stabilisieren.
20 bis 40 Meter über dem Boden setzt er den energieaufwendigen Rüttelflug ein, um seine Beute zu erspähen. Hat er sie gesichtet, fliegt er im Stoßflug auf seine Beute zu. So richtig schnell wird er dabei aber nicht. Das hat auch Vorteile, denn er kann sich beim Verfehlen der Beute leicht abfangen und fängt erneut zu „rütteln“ an. Gelegentlich wird das Rütteln auch bei anderen Vogelarten beobachtet, wenn ihnen der Gegenwind unter die Flügel greift, wie zum Beispiel beim Mäusebussard und Raubwürger. Jedoch praktiziert ansonsten keine andere Vogelart diese Flug- und Fangtechnik.
Deswegen wird der Turmfalke im Volksmund auch als „Rüttelfalk“ bezeichnet.
Sein wissenschaftlicher Name Falco tinnunculus bedeutet „schellend, klingend“ und ist auf seine hellen, lauten „kikiki“ – Rufreihen und „zick“ - Lockrufe zurückzuführen.
Mitte April und Mai legt das Weibchen drei bis sieben Eier und braucht 29 Tage, um diese auszubrüten. Nach der Geburt werden die Jungen im Nest gefüttert. Nach weiteren vier Wochen, wenn sie ihr Nest verlassen, begleiten und ernähren die Eltern die Jungvögel. Danach suchen sie sich ein eigenes Revier. Nach einem Jahr sind die Turmfalken geschlechtsreif. Übrigens leben sie monogam, bleiben meist ein Leben lang mit ihrem Partner zusammen.
Aussehen
Mit seinen 35 Zentimetern gehört der Turmfalke zu den kleinen Greifvögeln. Seine Flügelspannweite kommt auf 75 Zentimeter. Weibchen und Männchen unterscheiden sich voneinander: Das Weibchen hat einen rostbraun gefärbten Rücken, Kopf und Schwanz mit dichten dunklen Flecken und Querbänderungen. Das Gefieder des Männchens ist rotbraun mit dunklen Flügelspitzen. Kopf und Schwanz sind hellgrau gefärbt. Seine Unterseite ist gelblich mit länglichen Steifen und tropfenförmigen Flecken.
Wohngemeinschaften und Lebensraum
Der Turmfalke sucht in Städten an hohen Gebäuden nach Gelegenheiten zum Nisten. Häufig werden Kirchtürme oder hohe Masten ausgewählt. Im Gebirge nistet er in Spalten von Steinbrüchen und Felsabbrüchen. Auch zu „Wohngemeinschaften“ sagt er nicht Nein. Manchmal quartiert er sich im gleichen Nistkasten wie die Schleiereule ein oder übernimmt alte Krähennester. Das funktioniert, da die Eule nachtaktiv und der Turmfalke tagaktiv ist. So kommen sie sich nicht in die Quere. Turmfalken sind Standvögel, das heißt, dass sie ganzjährig in einem Gebiet bleiben. Manchmal fliegen sie aber auch im Winter in den Süden. Hier in Deutschland sind sie in den Wintermonaten auf Höhenflächen der Mittelgebirge anzutreffen.
Rüttelnde Jäger
Der geschickte Jäger jagt im offenen Gelände mit niedrigerer Vegetation gleichermaßen im Rüttelflug und in der Ansitzjagd. Im Winter späht er seine Beute erst einmal von einer Sitzwarte aus, da der Rüttelflug sehr viel Energie verbraucht. Meist fängt er seine Beute am Boden, in Nestern und selten im Flug. Aus unverdaulichen Resten der Beute, die der Greifvogel als Gewölle ausspeit, ist zu erkennen, dass Eidechsen, Heuschrecken, Regenwürmer, jedoch meist Feldmäuse auf der Speisekarte stehen. Der Turmfalkenbestand hängt somit vor allem vom Mäusevorkommen ab.
Gefährdung
2007 war der Turmfalke Vogel des Jahres. Momentan ist der Falke aber nicht gefährdet und nach dem Mäusebussard der häufigste Greifvogel. Hier in Deutschland leben 50.000 Brutpaare. Die Bestandsdichte schwankt jedoch sehr in Mittel- und Nord-Ost-Europa: Russland, Frankreich und England verzeichneten die stärksten Abnahmen von bis zu 50 Prozent in den letzten 30 Jahren. Auch wenn der Turmfalke zu den wenigen Gewinnern der Urbanisierung gehört, braucht er offene Flächen fürs Jagen. Er profitiert davon, dass sein Jagdrevier nicht sein Brutrevier ist.
In der ausgeräumten Agrarlandschaft fehlen einzelne Bäume und Gebüsche,, die der Turmfalke bei der Ansitzjagd benötigt. So sind die Greifvögel gezwungen, Masten in Straßennähe aufzusuchen. Dadurch werden sie leicht Opfer des Straßenverkehrs oder erleiden einen Stromtod durch Energiefreileitungen. Das sind aber nicht die einzigen Gefahren, denen der Falke ausgesetzt ist. Mit Jagdfalken wird auch gehandelt. Insbesondere arabische Scheichs waren vor einigen Jahren noch sehr hinter diesen Greifvögeln her. Falken werden sogar als „fliegendes Kokain“ bezeichnet. Nicht nur der Handel wird ihnen gefährlich, sondern auch Geflügel- und Taubenzüchter verlangen, dass die Greifvögel abgeschossen werden dürfen. Da gilt es aufmerksam zu bleiben.
Das hilft dem Turmfalken
Es gibt spezielle Anleitungen für Turmfalken-Nistkästen und hohe Ansitzplätze. Zudem sollten Krähen- und Elsternnester auch geschützt werden, denn der Turmfalke sucht sich gerne alte Nester zum Brüten. Langfristig hilft leider nur ein Umdenken in der Agrarpolitik: Mehr breite Wegränder und Ackerrandstreifen sowie der reduzierte Einsatz von Pestiziden und Insektiziden auf den Feldern erhöhen die Artenvielfalt. Greifvögel können dann einen Beitrag zur Bekämpfung von Wühlmäusen und Ratten leisten.
Ein Beitrag von Marilyn-Luise Utke